Imker und Landwirte im Dialog
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Thüringer Arbeitsgemeinschaft Imkerei und Landwirtschaft (ThAGIL) und des Fördervereins Deutsches Bienenmuseum Weimar
Veranstaltung: 03.03.2018, F.-Gerstung-Haus, 99510 Oßmannstedt, Ferdinand-Gerstung-Platz 1
Die Veranstaltung in Bildern
Ausgangssituation
Wild- und Honigbienen sowie anderen Wildinsekten kommt in unserem Ökosystem eine entscheidende Bedeutung zu. Dessen Bedeutung war sich bereits Albert Einstein im Jahr 1949 bewusst, als er sagte „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.“. Sowohl Honig- als auch Wildbienen sind aufgrund ihrer Symbiose mit der Pflanzenwelt von enormer Bedeutung. Die Bienen benötigen den Nektar der Pflanzen als Nahrung, die Pflanzen brauchen wiederrum einen Bestäuber um ihre Pollen zu verbreiten und sich so zu vermehren. Somit erbringt die Biene einen erheblichen ökonomischen und ökologischen Nutzen. Nach Angaben des Deutschen Imkerbundes werden fast 80% der Nutz- und Wildpflanzen von der Westlichen Honigbiene bestäubt. Daher ist die Honigbiene nach Rindern und Schweinen das drittwichtigste Nutztier in Deutschland.
Im Folgenden Zahlen, die die Bedeutung der Biene untermauern www.bee-careful.de:
- Von 100 Pflanzenarten werden 71 von Bienen bestäubt
- Weltweit liegt die Wertschöpfung der Bienen bei ca. 265 Milliarden €
- Kulturpflanzen wie Kakao, Vanille und Maracuja sind zu 100% auf Bestäubung durch Bienen angewiesen
- Bei Stein- und Kernobst steigert die Insektenbefruchtung den Fruchtertrag um 40%
Aufgabenstellung
Aufgrund der enormen Bedeutung der Biene für unser Ökosystem rückt das Thema „Bienensterben“ in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Presse und Berichterstattung. Nicht selten ist die Diskussion und Argumentation ohne oder unzureichend durch wissenschaftliche Erkenntnisse fundiert und wird auf einer emotionalen Ebene geführt. Meist wird die Landwirtschaft als alleiniger Grund für den vermeintlichen Rückgang der Artenvielfalt an den Pranger gestellt. Es fallen Begriffe wie „Pestizide“, „Cocktaileffekt“ und „Monotone Agrarlandschaften“. Daher stehen Imker und Landwirte, aber auch Jäger und Waldbesitzer immer häufiger in einem gemeinsamen Spannungsfeld in der Öffentlichkeit, in dem jede Seite versucht seine Interessen zu wahren und entsprechend zu argumentieren. Um zwischen beiden Seiten zu vermitteln und eine nachhaltige Zusammenarbeit herbeizuführen geründete sich 2015 die „Thüringer Arbeitsgemeinschaft Imkerei und Landwirtschaft“ (ThAGIL). Gründungmitglieder waren der Landesverband Thüringer Imker, der Thüringer Bauernverband und der Berufs- und Erwerbsimkerbund.
Ziel der ThAGIL ist es, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Imkern und Landwirten in Thüringen zum Schutz von Bienen und Wildinsekten und damit zur Sicherung und Steigerung der Erträge in der Landwirtschaft sowie insbesondere zur Erhaltung der Artenvielfalt weiter zu verbessern.
Ziel der ThAGIL ist es, den Schutz von Bienen und Wildinsekten auf dem bereits erreichten Niveau zu halten und weiterzuentwickeln. Zudem sollen die Erträge der Imkerei und der Landwirtschaft unter Berücksichtigung des Erhalts der Artenvielfalt gesichert werden. Der offene Kontakt soll gepflegt und ausgebaut werden. Weiterhin ist es Ziel der ThAGIL Hilfestellungen und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit zum Bienen- und Insektenschutz. Die Vermittlung von Wissen ist in diesem Zusammenhang der Schlüssel, um nachhaltig Vorurteile abzubauen und die Grundlage für einen gemeinsamen Dialog und Zusammenarbeit zwischen Imkern und Landwirten zu schaffen.
Ziel der Veranstaltung
Wie bereits beschrieben, stellt der Öffentlichkeitsarbeit einen wichtigen Bestandteil der ThAGIL dar. Landwirte und Imker müssen ins Gespräch kommen, um Ansatzpunkte für eine gemeinsame Arbeit zu finden. Nur so können die Ziele beider Seiten verfolgt werden.
Um diesem Ziel jährlich ein Stück näher zu kommen, haben sich die „Oßmannstedter Gespräche“ etabliert, die in diesem Jahr am 03.03.2018 bereits zum vierten Mal stattfanden. Die Oßmannstedter Gespräche bieten allen Seiten eine geeignete Plattform für einen konstruktiven Austausch. Die wissenschaftlichen Vorträge der anerkannten Referenten bieten eine gute Grundlage und viele Ansatzpunkte für Diskussionen. Zudem wird allen Gästen neues Wissen vermittelt.
Zielgruppe der Veranstaltung
An der Veranstaltung werden Imker, Landwirte, Jagdgemeinschaften und Vertreter von Agrargenossenschaften sowie Forstwirtschaft teilnehmen.
Fachvorträge
Zum Gelingen der Veranstaltung trugen vor allem die bundesweit angereisten Referenten mit ihren aufschlussreichen Vorträgen bei. Prof. Künast der TU München stellte das „Eh da-Konzept“ vor. Hierbei werden Offenlandflächen, die „eh da“ sind und keiner wirtschaftlichen Nutzung unterliegen, aufgewertet. Als Beispiel nannte er straßenbegleitende Flächen am Ortsrand, kommunale Flächen oder Bahndämme. Auf diesen Flächen können durch verschiedenste Maßnahmen Brut- und Trachtbiotope für Honigbienen und Wildinsekten entstehen. Bundesweit betrachtet besteht dabei ein Gesamtflächenpotenzial von 2-6% der Agrar- und Siedlungsfläche. Tobias Pape stellte das „Netzwerk blühende Landschaft“ vor. Dessen Ziel ist es, Kulturlandschaften im Sinne der Wildinsekten zu verändern. Dabei werden neben Ackerland auch Gärten, Grünland, Obst und Gehölze sowie Öffentliches Grün einbezogen. Als Beispiel nannte er den Nützlingsblühstreifen, der im Feld und nicht am Feldrand angelegt wird. Dieser bieten Nützlingen einen Lebensraum und Schädlingen, wie zum Beispiel dem Getriedehähnchen und Blattläusen einen Rückzugsort. Auch das Anlegen von Blühstreifen in der Gemeinschaft, zum Beispiel mit Kindergärten und Schulen sind häufig umgesetzte Projekte. Hubert Kivelitz von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfahlen stellte Bienenweidemischungen als Nachwachsende Rohstoffe, Zwischenfrüchte und Blühstreifen aus landwirtschaftlicher Sicht dar. Dabei ging er auf die Möglichkeiten der Biogasnutzung für Blühpflanzen ein und erläuterte, worauf bei dem Zwischenfruchtanbau im Rahmen des Greenings zu achten ist. Zudem stellte er das Anlegen von Blühstreifen als Agrarumweltmaßnahme genauer vor. Alle Referenten waren sich darin einig, dass viel über Nahrungshabitate, aber zu wenig über Bruthabitate gesprochen wird. Außerdem muss mehr über das Thema Biodiversität informiert werden, auch im Rahmen der Berufsausbildung. Im Anschluss an die Vorträge folgte eine Diskussionsrunde zwischen den Gästen und den Referenten. Es zeigte sich, dass Probleme zwischen Landwirten und Imkern oftmals durch einen engeren Kontakt und einen einfachen Informationsaustausch gelöst werden könnten. Viele Landwirte würden gerne mehr für Biodiversität und den Schutz der Insekten tun. Dazu gibt die Politik jedoch leider oft keinen praxistauglichen Rahmen vor. Die Oßmannstedter Gespräche leisten jedoch einen guten Beitrag und bieten eine Plattform für beide Parteien, ohne Vorurteile in Dialog zu treten.